54 Einzelgebiete.
Strom, nicht Teutschlands Grenze" (Arndt), ja in der Glanzzeit deutscher Herrlichkeit im
Mittelalter floß er, wie ein zeitgenössischer Geschichtschreiber sich ausdrückt, „mitten durch
Deutschland". Die Rheinlande waren im Mittelalter der Hauptsitz deutscher Kultur und
deutscher Kaiserherrlichkeit. Bei Mainz oder in Frankfurt wurden die Kaiser gewählt und zu
Aachen gekrönt; die Rheinstraße entlang zogen sie über den Splügen nach Italien, um sich
die römische Krone zu holen; in der alten Reichsstadt Speyer endlich fanden viele von ihnen
ihre letzte Ruhestätte. Den Rhein entlang (des Reiches Psaffengasse) saßen die mächtigsten
geistlichen Kurfürsten, die Erzbischöse von Mainz und Köln. In den rheinischen Städten
feierte das Rittertum seine glänzendsten Feste, dichtete Gottfried von Straßburg fein
glühendes Epos und sang Heinrich Frauenlob seine zarten Minnelieder. Längs der ver-
kehrsbelebten Rheinstraße erblühten mächtige Reichsstädte mit einem selbstbewußten,
gewerbe- und handelstätigen Bürgertum. Machtvoll trat der Rheinische Städtebund
dem ungerechten Treiben der Ritter und Fürsten entgegen. Herrliche Dome, stolze Fürsten-
schlösser und starke Waffenplätze entstanden; hier wurde die Buchdruckerkunst erfunden. Erst
durch den politischen Zerfall Deutschlands im 30 jährigen Krieg und die Raubzüge Lud-
wigs Xiv. ward der Rhein „Deutschlands Grenze", bis er mit der Wiederaufrichtung des
Deutschen Reichs 1871 aufs neue „Deutschlands Strom" wurde.
Tas Maingebiet (Franken) in der Geschichte. Den Main entlang bestanden jähr-
hundertelang große geistliche Herrschaften, die Bistümer Bamberg und Würzburg;
Bamberg hochverdient durch die Christianisierung flavischer Völkerschaften im O., Würz-
bürg berühmt durch die Pflege der Wissenschaften und der christlichen Charitas. Am Main
liegt auch Frankfurt, der alte Handelsmittelpunkt. — In dem verkehrsreichen Franken-
land mit seinen zum Burgenbau einladenden Felsenhöhen fand das Rittertum einen
nur zu günstigen Boden, und das gewalttätige Regiment desselben beförderte hauptfäch-
lich die Erhebung der Bauern i. I. -1525. Neben der hohen Geistlichkeit und dem Adel
tat sich auch das Bürgertum in den Reichsstädten Frankens rühmlich hervor, allen
Städten der Welt voran im Nürnberg des sechzehnten Jahrhunderts, wo Bischer, Dürer,
Kraft und Hans Sachs weithin Ruhm erlangten.
In den Zeiten schwacher Kaiserherrschaft hatten auch die Frankenlande alle Leiden
der politischen Verelendung Deutschlands zu tragen. Die Mainftraße entlang zogen im
30 jährigen Krieg die Heere Gustav Adolfs und zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Truppen
des korsischen Cäsars. Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts galt die „Main-
linie" sehr mit Unrecht als eine natürliche Scheidewand zwischen Nord- und Süd-
deutschend. Das Mainland ist indes weit mehr eine „Brücke" zur Verbindung von
Nord und Süd, und sein blühendes Berkehrsleben verdankt es vor allem diesem glück-
lichen Umstand.
Und welch glanzvolle fränkische Namen weist die Geschichte der deutschen Dichtkunst
auf! Franken ist die Heimat des gedankenreichsten Sängers der höfischen Poesie, Wolframs
von Eschenbach, und das Mainland schenkte uns Goethe. Im letzten Jahrhundert wurden
hier Friedrich Rückert, Graf Platen und Jean Paul geboren.
Schwaben in der Geschichte. Mit den Franken wetteifert in geschichtlicher Bedeutung
der wackere Stamm der Schwaben. Nicht weniger als vier große Herrscherhäuser hat er dem
deutschen Volk gegeben: die Staufer und die Welfen, die Hohenzollern und die Zäh-
ringer. Dem stark ausgeprägten Freiheitssinn des Stamms ist die Entstehung der
vielen freien Reichsstädte zuzuschreiben. Mit der Freiheitsliebe des Schwaben paart
sich seine altbewährte Tapferkeit, die Uhland in der Schwäbischen Kunde treffend zeichnet.
Die Schwaben galten als so wehrhaft und streitbar, daß sie die Vorfechter des Reichsheeres
bildeten und das Vorrecht genossen, immer das Reichsbanner in den Kampf zu tragen,
eine Ehre, die bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts bei Württemberg verblieben ist.
Mit diesen echt männlichen Zügen vereinigt das schwäbische Volk jene wundersame
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Extrahierte Personennamen: Arndt Gottfried_von_Straßburg Heinrich_Frauenlob Heinrich Hans_Sachs Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Cäsars Wolframs
von_Eschenbach Goethe Friedrich_Rückert Friedrich Jean_Paul
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Frankfurt Aachen Rheinstraße Italien Rhein Mainz Rheinstraße Deutschlands Rhein Main Bamberg Main Frankfurt Franken- Frankens Deutschlands Mainland Nord Mainland Schwaben Schwaben Schwaben Württemberg
50
Die deutsche Kaiserzeit 919 —1260.
zog mit, wohl aber hohe Adlige, zumeist französischer Herkunft, doch auch ein deutscher Fürst, Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen. Auf griechischen Schiffen setzten die Kreuzfahrer über den Bosporus nach Kleinasien hinüber, wo sie viele Kämpfe mit den Türken zu bestehen und viele Mühseligkeiten auf dem öden, wasserlosen Hochland zu erdulden hatten. Noch schlimmere Nöte warteten ihrer, als sie Anti-ochia in Syrien acht Monate lang belagerten. Aber sie nahmen die Stadt endlich durch Verrat und schlugen darauf, begeistert durch die Auffindung der heiligen Lanze, mit der einst der Kriegsknecht dem Herrn am Kreuz die Seite durchstochen haben sollte, ein übermächtiges feindliches Heer in die Flucht. Dann näherte sich der Rest des Kreuzheeres der heiligen Stadt Jerusalem. Sie wurde im Juli 1099 unter furchtbarem Blutvergießen erstürmt und zur Hauptstadt eines christlichen Staates gemacht, dessen erstes Haupt, Gottfried von Bouillon, sich in seiner Demut uur Beschützer des heiligen Grabes nennen wollte; erst sein Bruder und Nachfolger Balduin nahm den Königstitel an.
Der Kreuz- § 5z, Der Kreuzfahrerstaat. Der neue Christenstaat reichte
Mmft00t' nach Norden bis über den Euphrat und umfaßte außer dem Königreiche Jerusalem mehrere Vasallenstaaten. Die königliche Gewalt war freilich schwach; weder die Vasallen noch die Kirche waren immer bereit, sich dem Machtworte des Königs unterzuordnen. Und doch wäre Eintracht und Gehorsam nötig gewesen; denn der neue Staat stand auf der Spitze des Schwerts, und in stetem Kampfe mußte der erworbene Besitz gegen die Mohammedaner verteidigt werden. Nur dadurch konnten sich die Christen im Morgenlande behaupten, daß immer neue Scharen bewaffneter, kampfbereiter Pilger aus dem Abendlande nachzogen; und in der Tat fehlte es lange Zeit hindurch keineswegs an Zuzug frommer oder Abenteuer aufsuchender Ritter.
Eine besondere Bedeutung für die Kriegführung mit den Ungläubigen
Der Ritter-hatten die geistlichen Ritterorden, die hier entstanden, zunächst otben- die Orden der Tempelritter und der Johanniter, zu denen später kurz nach dem dritten Kreuzzuge der Orden der Deutschritter trat. Die Mitglieder dieser Orden zerfielen in Geistliche. Ritter und dienende Brüder, die besonders die zur Pflege der Pilger errichteten Krankenhäuser zu versorgen hatten. Sie vereinigten in eigenartiger Weise mönchisches und ritterliches Wesen, indem sie die Mönchsgelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams mit dem Gelübde des Kampfes gegen die Ungläubigen verbanden.
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Die Zeit Wenzels (1378-1400) und Ruprechts (1400 -1410;.
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§ 82. Die deutschen Städtebünde. Die letzten Jahre Karls Iv. und die ersten Wenzels sind die Zeit, in der die deutschen Städte ihre höchste Macht erreichten und am stolzesten dastanden. Damals wurde der schwäbische Städtebund gegründet, dessen Mittelpunkt Ulm war. Er hatte den Zweck, die Sicherheit und Freiheit seiner Mitglieder, zugleich Handel und Verkehr zu schirmen; seine schlimmsten Feinde waren einerseits der wilde und kriegerische Graf von Württemberg, Eberhard der Greiner (d. h- der Zänker) oder der Rauschebart, der so manche schwäbische Stadt gern zu einer Württembergischen Landschaft gemacht hätte, andrerseits die Ritter, die alten Gegner städtischen Wesens, die sich damals in Schwaben und am Rhein ebenfalls zu Bündnissen zusammentraten, dem Löwenbunde, dem Bunde der Martinsvögel, der Schlegler n. a.
Da gelang es den Städtern, bei Reutlingen im Jahre 1377 dem Sohne Eberhards, Ulrich, eine schwere Niederlage beizubringen; als der Geschlagene zum Vater zurückkehrte, schnitt dieser, wie erzählt wird, in seinem Grimme das Tischtuch zwischen sich und dem Sohne entzwei. Auch ein rheinischer Städtebund entstand jetzt wieder, wie im dreizehnten Jahrhundert; wohl siebzig süddeutsche Städte gehörten den beiden Vereinigungen an, und ihre Staatsmänner hingen kühnen Gedanken städtischer Freiheit und Selbständigkeit nach. Darauf aber trat ein Umschlag ein. Ein städtisches Heer, das im Jahre 1388 plündernd in Württemberg eingefallen war, wurde bei dem Dorfe Döffingen durch Eberhard völlig, besiegt; damals siel Ulrich, tapfer kämpfend. Die Folge war ein allmählicher Niedergang der städtischen Macht in Süddeutschland.
Länger als die Macht des schwäbischen Stüdtebnndes dauerte die 2 Gewalt der Hanse. Dieser Bund umfaßte zur Zeit seiner Blüte mehr als siebzig Städte. Ihm gehörten z. B. im Westen Köln, sodann Braunschweig, Bremen, Hamburg, Lübeck, Berlin-Kölln, im Westen endlich Danzig, Thorn und Königsberg an. Aber auch twe Stadt Wisby auf der Insel Gotland, einst ein reicher Ort, dessen Kirchen heute als malerische Ruinen dastehen, ferner Riga in Livland waren Glieder des Bundes. Der Hauptort war Lübeck, damals die erste Handelsstadt Norddeutschlands, der wichtigste Hafen der Ostsee; hier fanden für gewöhnlich die Tagfahrten der Hanse statt. Ihr Zweck war, im Inland und Ausland den Handel zu schützen. Darum hatten die Städte Kriegsschiffe, mit denen sie rechtlose und feindselige Handlungen fremder Fürsten straften; sie erwarben Handelsvorrechte bei den Völkern des Nordens; sie gründeten Niederlassungen deutscher Kaufleute in der Fremde, so in der russischen großen Handels- und Meßstadt Nowgorod, wo ihnen der Petershos gehörte, in Bergen, wo die
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Extrahierte Personennamen: Karls Graf_von_Württemberg Eberhard_der_Greiner Ulrich Eberhard Ulrich
Deutschland im dreizehnten Jahrhundert.
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Schildesamt widmen sollte, erhielt zunächst als Edelknabe eine ritterliche Ausbildung in feiner, höfischer Sitte und in der Übung der Waffen; lesen und schreiben freilich lernte er selten. Als Knappe oder Edelknecht sodann begleitete er den Herrn in den Krieg, zur Fehde, zum Turnier, zur Jagd; wenn er sich ritterliche Art und Tugend angeeignet hatte, erhielt er, gewöhnlich im einundzwanzigsten Jahre, den Ritterschlag oder die Schwertleite. Damit nahm er eine Reihe von Pflichten auf sich: die Pflicht, sich immer gesittet und würdig zu benehmen, die Pflicht, Heldenmut und Todesverachtung zu beweisen, Treue zu üben gegen den Kaiser und den Lehnsherrn, die Kirche zu schützen, alle Armen und Bedrängten zu verteidigen, insbesondere immerdar den Frauen zu dienen und für sie einzutreten. Denn Frauendienst und Frauenverehrung sind besonders kennzeichnende Züge des Zeitalters; aus ihnen erwächst als herrliche Blüte die Minnedichtung.
Auch das Leben der vornehmen Frau war anders geworden, als Erliche es zu den Zeiten der Ottonen gewesen war. Höfische Bildung mußte sie besitzen, sorgsam festgestellte Anstandsregeln beobachten. Auch jetzt wurde ein großer Teil ihres Daseins von wirtschaftlichen Pflichten und feiner Handarbeit in Anspruch genommen. Gar manche ritterliche Dame aber besaß höhere Bildung als ihr Gatte und verstand wohl auch Latein, auch einige Kenntnis der Heilkunde wurde von der Frau erwartet. Eine der lieblichsten Gestalten der deutschen Geschichte ist die der heiligen Elisabeth, von deren hoher Frömmigkeit und Mildtätigkeit die Sage erzählt. Sie war eine ungarische Prinzessin. In großer Jugend wurde sie nach der Wartburg geführt; nachdem sie herangewachsen, wurde sie die Gattin des Landgrafen Ludwig von Thüringen. Nach dem Tode ihres Gemahls mußte sie die Wartburg verlassen. Sie starb unter frommen Bußübungen zu Marburg.
Auf den Burgen spielte sich großenteils das ritterliche Leben ab.
Wenn diese in der Ebene lagen, so umgab man sie mit einem tiefen, wasfer-gefüllten Graben. Wenn es aber möglich war, erbaute man sie auf Anhöhen, um sie leichter verteidigen zu können. Auf dem schmalen, steilen Burgweg erstieg man sie; über die Zugbrücke gelangte man in den Zwinger, einen von Befestigungen eingeschlossenen Hof, und dann erst durch das Haupttor der Burg in den Burghof. Da erhob sich der mächtige Burgturm, die letzte Zuflucht, falls die Burg vom Feinde erstürmt wurde; unter ihm befand sich das Burgverließ, der Kerker; zu den oberen Stockwerken führte nur eine Brücke oder Leiter, die man im Notfall wegnehmen konnte. Ferner lag im Burghof der Palas, welcher den großen Rittersaal und die Kemenaten, d. h. die mit Kaminen versehenen Frauengemächer, enthielt; an ihn schloß sich die
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Ludwig_von_Thüringen Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Marburg Burghof
24
Teutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919.
jtiüster. Besondere Bedeutung für die weitere Verbreitung des Christentums, überhaupt aber für die Erziehung der Germanen zu höherer Kultur gewannen die Klöster. Wie die ersten Einsiedler (Eremiten), so hat es auch die ersten Mönche in Ägypten gegeben. Im Abendlande gründete der heilige Benediktns im sechsten Jahrhundert ein Kloster auf dem Monte Cassino nördlich von Neapel; nach ihm trägt der Orden der Benediktiner seinen Namen. Die Mönche verpflichteten sich auf die drei Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams.
Nunmehr erwuchsen auch in Deutschland Männer- und Frauen-k löst er in großer Zahl. Jedes war eine kleine Stadt. Den Mittelpunkt bildete die Kirche; eine Mauer umschloß die Zellen der Klosterinsassen, den Speisesaal (Refektorium), die Bibliothek und die Klosterschule. Daneben stand die Wohnung des Abts oder der Äbtissin. Dann gab es Häuser für Kranke, für Gäste, für die unfreien Leute, z. B. die Klosterhandwerker. Viele Klöster haben lange einen segenspendenden Einfluß ausgeübt. Hier wurde Gott in einem stillen, der Andacht und der Demut geweihten Leben verehrt; hier wurden die Wissenschaften gepflegt, die Schriftsteller des Altertums abgeschrieben und so der Nachwelt aufbewahrt, hier die Jugend in den Wissenschaften unterrichtet; Mönche waren es damals, welche die Baukunst ausübten, die Handschriften mit Malereien (Miniaturen) ausschmückten, die heiligen Geräte für den Gottesdienst anfertigten; Mönche endlich wurden durch eifrige Pflege des Ackerbaus und der Gärtnerei, durch Anpflanzung von Wein und Obst, durch Rodung des Waldes und Austrocknung von Sümpfen die Erzieher der Germanen zu einer besseren Bodennutzung.
Karl der Grofzc. 768—814.
Die Gründung des Reiches.
Auf Pippin, den ersten fränkischen König aus dem Hause der Karolinger, folgte sein Sohn Karl, dem die Nachwelt den Beinamen der Große gegeben hat. Er herrschte anfangs gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann; als dieser aber nach wenigen Jahren starb, machte er sich, ohne auf seines Bruders unmündige Söhne Rücksicht zu nehmen, zum Alleinherrscher. Er ist eine der mächtigsten und für alle Folgezeit bedeutsamsten Gestalten der deutschen Geschichte, gleich groß als Kriegsmann und als Regent, als Reichsgründer und als Förderer höherer Bildung.
barden^e § 24. Kriege mit beit Langobarden und Sachsen. Schon 772 773-774.'begann Karl einen Krieg gegen die Sachsen. Aber er wurde genötigt
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Grofzc Karl Pippin Karl Karl Karlmann Karlmann Karl
— 62 —
Bald offenbarte sich an der frommen Landgräfin mehr und mehr eine göttliche Kraft. Sie heilte Kranke durch das Auflegen ihrer Hände, machte Blinde fehend und richtete gekrümmte Glieder wieder gerade. Ein Heilmittel, von ihrer Hand gereicht, verfehlte nie seine Wirkung. Daher begann das Volk sie als einen auserwählten Liebling Gottes zu verehren und an ihre Wunder zu glauben. Es fehlte nur noch das Märtyrertum, um sie als Heilige anzubeten, und auch das blieb nicht aus.
Nach dem Tode ihres Gemahls wurde Elisabeth von ihrem Schwager, dem Landgrafen Heinrich Raspe, vertrieben und mußte die Wartburg verlassen. Sie wandte sich nach Marburg und wohnte zunächst in einer armseligen Bauernhütte. Später gründete sie von ihrer Mitgift ein Armen- und Krankenhaus und übte in ihm alle Werke der Barmherzigkeit. Auch ertrug sie mit himmlischer Geduld alle Qualen und Peinigungen, welche ihr der Beichtvater Konrad von Marburg auferlegte. Erst 24 Jabre alt, verschied sie am 19. November 1231, laut beklagt von allem Volke. Da sich aber bald die Kunde von allerlei Wundern verbreitete, die während der Leichenfeier und an ihrem Grabe geschehen sein sollten, so erfolgte am Psingsttage 1234 durch Papst Gregor Ix. die Heiligsprechung Elisabeths. (Nach L. Sechstem.)
19. Die Sage von der (31eichenfchen Doppelehe.
Ludwig (andere nennen ihn Ernst), Graf von Gleichen, nahm teil an dem Kreuzzuge, dem sich Ludwig der Heilige, Landgraf von Thüringen, unter dem Banner Kaiser Friedrichs Ii. angeschlossen hatte. Graf Ludwig war am Thüringer Landgrafenbofe ritterlich erzogen worden und soll mit einer Gräfin von Orlamünde vermählt gewesen sein, die ihm zwei Kinder geboren. Nachdem Landgraf Ludwig feinen frommen Eifer mit dem Tode gebüßt, folgte Graf Ludwig dem Kaiser nach Accon und blieb zum Schutze der Stadt Ptolemäus zurück. Der Kaiser aber schiffte sich zur Rückkehr ein.
Gefangenschaft: Bei einem Ausfalle oder Streifzuge gegen
die Ptolemäus umlagernden Sarazenen geriet Graf Ludwig in die Gefangenschaft der Araber. Er wurde an den Sultan Aegyptens verkauft und nach Alcair gebracht. Dort mußte der Graf Harte Sklavenarbeit verrichten. Neun Jahre schmachtete er schon in der Gefangenschaft, als die Tochter des Sultans, welcher Melech-Sala hieß, das ist König des Heils oder Friedens, lebhaft von ihm eingenommen wurde. Aus großer Liebe trug sie ihm an, gemeinschaftlich zu entfliehen, wenn er sie zum Weibe nehmen wolle. Graf Ludwig von Gleichen war aufrichtig genug, der schönen Sarazenin seinen Stand und seine Herkunft zu entdecken und ihr zu sagen, daß er bereits eine Frau und zwei Kinder habe. Daran fand nun die Jungfrau gar keinen Anstoß, da der mohamedanische
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Raspe Heinrich Konrad_von_Marburg Konrad Gregor_Ix Gregor Elisabeths L._Sechstem Ludwig_( Ludwig Ernst Ludwig_der_Heilige Ludwig Friedrichs Friedrichs Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Aegyptens Ludwig_von_Gleichen Ludwig
— 163 —
Rückgang der Bevölkerung: Gleich schlimm war es um
die Einwohnerzahl bestellt. Von den 286 Seelen des Dorfes Dachwig im Jahre 1640 waren drei Jahre später nur noch 109 am Leben. Pfarrer Ludwig, der Chronist, fügt seinem Berichte die ernsten Worte bei: „Da hieß es recht, wir sind fast dünne worden." Ein einziger Schulknabe war im Ort, der bei Begräbnissen vor dem Geistlichen und Lehrer hergehen, das Kreuz tragen und singen mußte, was er nur konnte, denn „das war die ganze Reihe". — In der Stadt selbst sah es nicht besser aus. Ihre Einwohnerzahl betrug beim Ausbruch des Krieges wohl gegen 20000, von denen 1632 noch 13 593 am Leben waren, wie die damalige „Volkszählung" ergab. In den Jahren 1635—1639 hatte bei einer Geburtenzahl von 3026 die Totenziffer eine Höhe von 8307. Der Tod hatte eine reiche und leichte Ernte gehalten in dem kurzen Zeitraum von vier Jahren; dazu war die Stadt noch mit Kranken, Elenden und Obdachlosen überfüllt. Ueber die Hälfte der Gestorbenen hatte kein eigenes Heim; im Armenhaus stand für sie die Totenbahre.
Grotze Not der Bevölkerung: Von Jahr zu Jahr hatte
sich die Not gesteigert. Der obengenannte Chronist singt uns sein eigenes Klagelied: „Mir ging's über dem gar elendiglich, und
habe ich manche Predigt getan, habe aber keinen Bissen Brot gewußt, auch wohl bis gegen Abend mit den Meinigen auf Brot warten müssen." Kornbrot war eine Seltenheit. Statt dessen wurde Hafer- und Gerstenbrot gebacken, und froh war über die Matzen der, welcher allzeit satt und genug daran hatte. Viele mußten sogar mit Hirseustaub, Kleie und Leinkuchen sürlieb nehmen. Fleisch war zuletzt ganz unbekannt, nachdem auch die Katzen und Hunde ausgezehrt waren. Das letzte Pferd wurde zu Dachwig im Jahre 1639 verzehrt; ein Schönheitsfehler — es war „krumb-halsig" — hatte es bisher vor der Mitnahme durch die Soldaten bewahrt. Als es starb, konnte der Abdecker kaum Ruhe haben, bis die Haut herunterkam. Noch in seinem Beisein wurde das Fleisch gekocht und gebraten und dann gegessen.
Verwüstung der Fluren: Die üppigen Fluren der Erfurter Dörfer lagen vollständig verwüstet da. Schon im Jahre 1639 waren von der ganzen Dachwiger Dorfflur nur noch 72 Acker bestellt. Ihre Fruchtbarkeit neu zu erschließen, gebrach es an Menschenhänden und an Vieh. Statt daheim hungern zu müssen, zeitweise wohl gar Gras oder Laub zu zehren, hatte die halbwüchsige Dorfjugend die heimatliche Scholle verlafsen und war der Werbetrommel gefolgt. Selbst die Alten wurden noch ihrem Grund und Boden, auf dem der Anbau mehr kostete, als die Ernte einbrachte, untreu; auch sie dachten:
„Frisch gewagt, beherzt und wacker,
Der scharfe Säbel ist mein Acker,
Und Beutemachen ist mein Pflug,
Damit gewinn ich Geld genug."
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— 183 —
sandle sofort eine ansehnliche Summe an Schillers Gattin, wobei er freilich bemerkte, daß er sich aus eine bestimmte Erhöhung der Pension „alleweile" nicht einlassen könne.
Rückkehr: Obwohl Schiller und seiner Gemahlin die Tage
in Erfurt angenehm verflossen, suhlten sich beide doch nicht ganz wohl hier. Sie sehnten sich nach der eigenen Häuslichkeit und kürzten deshalb den noch auf längere Zeit berechneten Aufenthalt ab. — Ihre Abreise erfolgte am 1. Oktober. (Nach Albert Pick.)
64. Französische Emigranten in Erfurt.
Ihre Ankunft: Die französischen Ausgewanderten, die in
den Rheinstädten eine Zuflucht gefunden halten, flohen bei Au-nährnng der Franzosen weiter ins deutsche Land hinein. Dabei wählten viele Erfurt als neuen Wobnsitz, da man ihnen von befreundeter Seite die Stadt vorteilhaft geschildert hatte.
Seit Anfang 1795 kamen sie in großer Zahl hier an. Unter ihnen waren viele, die einst eine glänzende Rolle gespielt Hatten. Ehemalige Erzbischöse, Bischöfe, Aebte und dergleichen kamen zum Brühlertor hereingepilgert, und säst alle boten einen herzzerreißenden Anblick dar. Mit Bündelchen auf dem Rücken und mit zerrissenen und zerlumpten Kleidern hielten sie ihren Einzug. Einer von ihnen erzählte mit heilerer Miene, daß er nichts anderes gerettet habe als die Bibel, die er unter dem Arm trug. Tatsächlich hatten viele nicht einen roten Heller mehr in der Tasche; sie wußten nicht, wo sie einen Bissen Brot hernehmen, womit sie ihr Schlasgeld bezahlen sollten. Piele gingen barsuß, und dabei war es mitten im Winter. Sie erzählten auch, daß manche unterwegs liegen geblieben und erfroren wären.
Ihre Lebensweise: Mitte Februar waren, wie durch Be-
auftragte des Rates festgestellt wurde, schau über 1000 Vertriebene in der Stadt. Man räumte ihnen die Schottenkirche zum Gottesdienst ein. In ihr wurde von jetzt ab französisch gepredigt. Besonders ernst und streng begingen sie die heilige Woche. Viele speisten die ganze Zeit hindurch kein Fleisch. Alle Speisen, die sie genossen, mußten mit Cel geschmelzt sein, weil ihnen selbst die Butter verboten war. Auch erschienen viele in schwarzen Kleidern, die sie in den letzten Tagen gar nicht mehr ablegten.
Gezwungene Beschäftigung: Mancher von den Emigranten, der einst bessere Tage gesehen halte, war gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt durch Anfertigung kleiner Handarbeiten zu verdienen. So verkaufte bei der Feier der Peterkirmfe (Sonntag nach Ostern) auf dem Roßmcirkle (Herrmannsplatz) ein ehemaliger französischer Herzog Handkörbchen, Schächtelchen und Kästchen, die er selbst aus Pappe angefertigt hatte. Von seinem Stand aus rief er den Vorübergehenden sorlwäbrend zu: „Achetez des corbeilles
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same Pflege wurde dem Oekonomiehofe des Klosters zuteil. In den warmen und wohlverwahrten Ställen standen zur Winterzeit zahlreiche Viehherden. Da geschah es denn oft, daß in kalter Nacht die Wölse blutdürstig die Mauern umschwärmten und heulend auf das Schellenklingen antworteten, das aus dem Schasstalle herüberklang. Besonders unangenehm wurde in dem ausgedehnten landwirtschaftlichen Betriebe des Klosters der Wassermangel aus dem quellenlosen Berge empfunden. Die Mönche legten darum schon srüh (1136) eine äußerst kunstvolle Wasserleitung an. In Bleiröhren führten sie das lautere Quellwasser des südwestlich gelegenen Borntales herbei. Ein geschmackvoll behauener Felsblock bildete das Aufsangebecken und diente zugleich als Spültrog. Zur besonderen Bewirtschaftung der verstreut umherliegenden Ländereien bauten die Mönche rings um das Kloster Meierhöfe und legten dadurch den Grund zu manchem Dorfe des heutigen Landkreises Erfurt. So wissen wir von Alach, daß es eine Gründung der Peterliuge ist. Ueberhaupt gab es weit und breit keine Flur, in der nicht Aecker für Skt. Peter bestellt wurden.
Weinbau: -Große Sorgsalt wurde seitens der Mönche dem Weinbau zuteil. Auf ihre Veranlassung sollen Winzer ans Hochheim am Rhein in Hochheim an der Gera sich angesiedelt und Weinberge angelegt haben. Einen wie großen Umfang der Weinbau im Lause der Jahre angenommen hatte, können wir am besten daraus erkennen, daß im Spätherbst 1664 nahe der Klostermauer ans der Stadtseite 15% Acker Weingärten ausgerodet werden mußten, um Raum für die neuen Festungswerke zu gewinnen; davon waren 6% Acker Eigentum des Klosters.
Erwerbung reichen Besitzes: Die Mönche hatten es durch
stille, aber fleißige Bemühung verstanden, den Grundbesitz des Klosters außerordentlich zu vermehren. Damals entstand in der Kirche ein eigentümlicher Glaube. Man meinte, jede abgeschiedene Seele müsse vor ihrer Einkehr ins Reich der Seligen sür längere oder kürzere Zeit eine Prüfung, das sogenannte Fegefeuer, durch laufen, je nach dem irdischen Leben des Verstorbenen. Durch Gebete der Hinterlassenen, noch besser aber durch die Fürbitte frommer Mönche war es aber möglich, die Prüfungszeit abzukürzen. Zu diesem Zwecke wurde in den Klöstern ein besonderer Gottesdienst, das Messelesen, eingerichtet. Auch im Peterskloster standen die Mönche an den Altären ihrer Klosterkirche und hielten tagtäglich Messen ab sür Verstorbene. Viele wohlhabende Bürger der Stadt suchten nun durch reiche Gaben die Gunst der frommen Peterlinge zu erwerben, um durch sie bestimmt ins Reich der Seligen zu gelangen. Auch Leichenbegängnisse hielten die Mönche ab, und mancher Tote wurde in den Gewölben der Klosterkirche beigesetzt, was als große Wohltat angesehen und reich bezahlt wurde. So wissen wir von einem Bürger, der „unter dem Anwehen des heiligen Geistes" dem Kloster drei Hufen in der Bech-
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Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Alach Hochheim_am_Rhein Hochheim Gera
Iii. Bus der Geschichte Erfurts von 1§00 ad.
Stellung Erfurts zu Mainz und Sachsen und zum Reich: Um den Aufruhr der niederen Schichten der Bevölkerung, die durch die Straßensperre während der Streitigkeiten der Stadt mit Mainz und Sachsen (s. Nr. Ii) in große Not geraten waren, abzuwenden, hatte der Rat den Frieden von Amorbach und Weimar geschlossen (1483). In der Amorbacher Urkunde erkannte er das Mainzer Erzstist als den „rechten Erbherrn" an, dieses aber ließ Erfurt bei allen seinen Obrigkeiten, Herrlichkeiten, Gnaden, Freiheiten, Rechten und Gewohnheiten, die ziemlich bedeutende waren; denn außer der Erhebung des Marktzolls, der Freizinsen und eines geringen Anteils an der Gerichtsbarkeit standen dem Erzbischos keine weiteren Rechte mehr zu. Trotzdem war der Amorbacher Vertrag ein großer Sieg des Erzbischoss. Seine Anerkennung als „rechter Erbherr" der Stadt durch den Rat machte eine Entwicklung Erfurts zur völligen Unabhängigkeit von Mainz für die Zukunft unmöglich. Durch den Weimarer Vertrag aber, der Erfurt unter die Schutzherrschaft Sachsens brachte und ihm eine Steuer von fast unerschwinglicher Höhe auslegte, wurde geradezu eine Doppelherrschaft von Kurmainz und Kurfachfeu über die Stadt geschaffen und ein Zustand herbeigerührt, der in der Folge zu weiteren Kämpfen beider Gewalten um den Besitz Ersurts führen mußte. — Von 1417 bis 1471 war Erfurt als Reichsstadt angesehen worden, wie seine Ladungen zu den Reichstagen beweisen. Durch die Belehnung des Rates und der Bürgerschaft mit dem Reichslehen Kapellendorf (1352) war das Reich Erfurts „rechter Herr" und jene „des Reiches liebe Getreue" geworden; Erfurt hatte feit dieser Zeit den Königen die Lehenshuldigung geleistet, die zugleich die Hoheitshuldigung in sich schloß. Ta nun Kapellendorf auch nach 1483 der Stadt verblieb, fo war scheinbar nichts an der unmittelbaren Verbindung Erfurts mit dem Reiche geändert worden; aber wie schon oben gesagt, war es durch den Amorbacher Vertrag der Stadt unmöglich, sortan sich der anerkannten Macht des Erzstifts zu entziehen und in die Reihe der Reichsstädte einzutreten.
Geldnot Erfurts: Beide Verträge hatten über Erfurt eine
große Schuldenlast gebracht, die noch durch die in dieser Zeit eintretende allgemeine Geldentwertung bedeutend vergrößert wurde. Letztere hatten ihren Grund in der außerordentlich starken Ausbeutung der Edelmetalle im Harz und im sächsischen und ungarischen Erzgebirge und in dem Hereinfluten des überseeischen Gol-
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